In den letzten Jahren hat sich der Fokus der Forschung von direkter Behandlung auf die Ursachen und Präventionsstrategien verschoben. Ein gesunder Lebensstil spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch in den kommenden Jahren werden WHO und nationale Gesundheitsstrategien auf Krankheitsprävention und Förderung der allgemeinen Gesundheit ausgerichtet sein.
Wir berichteten bereits über eine wichtige Publikation, die zeigte, dass es 14 Risikofaktoren für die Entwicklung von Demenz gibt, die durch Lebensstil oder Umweltanpassungen beeinflusst werden können (Livingston The Lancet Commissions 2024). In den letzten Jahren wurden mehrere große internationale Studien gestartet, die den Einfluss eines gesunden Lebensstils auf das Demenzrisiko untersuchen. Die Ergebnisse werden in den kommenden Jahren erwartet.
Die DIVERT-AD Studie, unterstützt von der Europäischen Union und koordiniert vom Erasmus MC in den Niederlanden, lief fast vier Jahre. Sie fokussierte nicht auf Alzheimer-spezifische Pathologien, sondern auf Strategien zur Erhaltung der Gehirngesundheit, wie ausreichender Schlaf, Bildung und regelmäßige Bewegung. Diese Faktoren stehen wahrscheinlich in direktem Zusammenhang mit der Resilienz des Gehirns und der vaskulären Gesundheit.
Die Studie zeigte, dass Lebensstilfaktoren bei bereits bestehender Demenz nur begrenzt wirken. Sie sind jedoch sehr hilfreich, um altersbedingtem kognitivem Abbau vorzubeugen. Regelmäßiger, qualitativ hochwertiger Schlaf korrelierte positiv mit biologischen Alzheimer-Markern, insbesondere bei Teilnehmern mit genetisch erhöhtem Risiko.
Die FINGER Studie („Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability“) lief von 2009 bis 2014 mit 1.260 Teilnehmern im Alter von 60–77 Jahren, die genetisch erhöhtes Demenzrisiko hatten, aber keine Gedächtnisprobleme. Teilnehmer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: eine erhielt ein Lebensstilprogramm (gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung [Kraft, Balance, Ausdauer], kognitive Trainings, soziale Einbindung und Überwachung vaskulärer Risikofaktoren), die Kontrollgruppe erhielt Standardmedizin (Ngandu Lancet 2015).
Die Ergebnisse waren sehr positiv: beide Gruppen verbesserten sich kognitiv, die Lebensstilgruppe jedoch deutlich stärker (25% allgemeine kognitive Verbesserung, 30% geringeres Risiko für kognitiven Abbau). Das Programm verbesserte zudem Mobilität, Alltagsfähigkeiten, gesundheitsbezogene Lebensqualität und verringerte die Anfälligkeit für Begleiterkrankungen um 60%. Post-Analysen zeigten außerdem Kosteneffizienz und soziale Vorteile (Wimo et al., 2023).
Die Vorteile beruhen wahrscheinlich auf verbesserter Durchblutung, reduzierter Entzündung und oxidativem Stress, wodurch die kognitive Reserve steigt (Fähigkeit des Gehirns, Schäden auszugleichen, aufgebaut durch lebenslange mentale, soziale und körperliche Aktivität).
Langzeit-Follow-ups bis 11 Jahre nach der Intervention zeigten anhaltende kognitive Vorteile (Lehtisalo, et al. 2023, Ngandu et al., 2022).
Seit 2017 wird dieses Studienkonzept weltweit im FINGERS-Netzwerk umgesetzt, derzeit in 71 Ländern. Laufende Studien: US POINTER (USA), AgeWell.de (Deutschland), LETHE (Europa), MET-FINGER (Finnland, Schweden, UK), MIND-ADmini (Schweden, Finnland, Deutschland, Frankreich), Chinesische Multicomponent Trial (China). Die Niederlande sind ebenfalls beteiligt, mit Follow-ups bis April 2027. Weitere Lebensstilinterventionen weltweit: SMARRT, Intensive Lifestyle in MCI/AD (USA), preDIVA (Niederlande), LEISURE Study und Maintain Your Brain (Australien).
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