"Leute wollen schon morgens eine Radtour machen"

Katholisches Altenzentrum testet Gerät für virtuelle Fahrradtouren – Bewohner sind begeistert – Sponsoren gesucht für die Anschaffung

Spendenaufruf Katholisches Altenzentrum Landau

Landau. Cilli G. ist 89 Jahre alt und gerade radelt sie durch Köln. „Ich war 17 Jahre alt, als ich mit meinem Onkel in der Stadt war“, erzählt sie, als sie Richtung Kölner Dom abbiegt. Dann erinnert sie sich: „Wir sind in ein Café gegangen und die Kellner in Köln heißen 'Köbes'“, erzählt die alte Dame mit einem Lächeln. Cilli G. fährt nicht wirklich durch Köln. Sie sitzt im Katholischen Altenzentrum Landau (KAZ) an einem Zimmerfahrrad und schaut auf einen großen Bildschirm. Dort läuft der Film einer realen Radfahrt durch die Kölner Altstadt. Der Film passt genau zum Radeln und es sind verschiedene Abzweigungen möglich. Die Radtour ist virtuell – aber die Freude daran ist real.

Das Katholische Altenzentrum der Caritas in Landau hat das Set, bestehend aus Standfahrrad, 43 Zoll Bildschirm und zugehörigem Computer ausgeliehen. „Wir wollten ausprobieren, ob unsere Bewohner sich dafür interessieren und welche Erfahrungen sie damit machen“, erklärt Sabine Thornemann, die Leiterin des Sozialen Dienstes. Und die Resonanz nach einer Woche war großartig: „Die Leute sind wirklich begeistert und kommen schon morgens, um eine Tour zu machen“ sagt Thornemann.

Das System hat eine holländische Firma entwickelt und vermarktet es als „Bike Labyrinth“. Entdeckt haben es Mitarbeiterinnen des KAZ Landau auf einer Messe für Altenpflege. Das System bietet viele Möglichkeiten. Besonders wichtig: Auch Menschen mit eingeschränkter Mobilität können damit Radtouren in der ganzen Welt machen.

Gerade kommt Rollstuhlfahrerin Helga K. ins Zimmer und möchte eine Tour machen. Die 71-Jährige kann dafür in ihrem Rollstuhl bleiben. KAZ-Mitarbeiterin Lisa Thomas hilft ihr, den Rollstuhl in Position zu bringen und die Füße an die Pedale zu schnallen. Das Standfahrrad macht es möglich, selbst in die Pedale zu treten und dabei verschieden starken Widerstand zu bewältigen, oder ein Elektromotor bewegt die Pedale und die Beine werden passiv bewegt. Auch das ist sehr nützlich.

Eine Bewohnerin hat eine Tour von einer Viertelstunde gemacht. Am nächsten Morgen hat sie mir erzählt, dass sie zum ersten Mal seit Jahren den Tag ohne Schmerztabletten angefangen hat.

Sabine Thornemann, Leiterin des Sozialen, DienstesKatholisches Altenzentrum

Helga K. entscheidet sich für eine Tour durch Prag, eine Stadt, die sie früher mal besucht hat. Die virtuellen Touren sind nicht nur körperlich aktivierend – es werden auch alte Erinnerungen und positive Gefühle wiederentdeckt. Die Bewohner tauschen sich auch aus und sprechen miteinander über ihre Touren.

Bis jetzt gibt es über 600 mögliche Radtouren in der ganzen Welt. Es sind Fahrten durch berühmte Metropolen auf breiten Straßen ebenso möglich wie das Radeln durch die engen Gässchen schöner Altstädte. Auch die Geräuschkulisse von Städten oder Natur-Routen kann hörbar gemacht werden und die Fahrer noch tiefer in das Erlebnis eintauchen lassen. Gut für die Psyche ist auch die Möglichkeit, an Gabelungen sich für die rechte oder die linke Route zu entscheiden. Helga K. im virtuellen Prag schlägt den Weg Richtung Karlsbrücke ein und radelt dann zur Kathedrale Sankt Clement. Der Name der Sehenswürdigkeit wird eingeblendet.

Möglich sind aber auch knapp 100 Routen durch beeindruckende Naturlandschaften, zu 19 Schlössern in Deutschland, Frankreich und weiteren Ländern. Selbst Bergrouten wie etwa entlang eines Fjordes in Norwegen, auf den Mount Wellington in Tasmanien, oder durch die beeindruckenden Dolomiten sind möglich. Etwas Besonderes sind Touren auf dem Wasser – hier wird das Standrad zum Tretboot!

„Ich konnte mir erst nicht vorstellen, wie das funktionieren soll“, sagt Cilli G. „Dann aber habe ich es ausprobiert und es macht mir so viel Spaß! Ich wünsche mir sehr, dass wie das Gerät behalten können.“ Auch Helga K. ist begeistert. „Ich habe schon einige Routen gemacht, in Städten, wo ich mal gewesen bin.“ Christa U. (83) berichtet von der positiven Wirkung der passiven Bewegung auf ihr Kniegelenk.

Bewegen in rolstoel
Helga K. (71) macht ihre virtuelle Radtour im Rollstuhl

Das Bike Labyrinth wurde sehr aufwändig entwickelt. Schließlich sind alle Fahrten Aufzeichnungen von realen Radtouren, die Wiedergabe von Bild und Klang erfolgt in hoher Qualität, um ein realistisches Gefühl bei den Nutzern zu wecken.

Das kostet seinen Preis: Das gebrauchsfertige System mit Rad, Monitor und Computer kostet rund 10.000 Euro. Das Caritas-Altenzentrum Landau sucht deshalb Spender und Sponsoren, die mit einem Beitrag die Anschaffung unterstützen.

„Wir würden sehr gerne das Gerät anschaffen, denn wir würden unseren Bewohnern damit viel Freude, Unterhaltung und mehr Fitness bieten können“, sagt KAZ-Leiterin Ursula Seelinger. Doch die eigenen Mittel sind begrenzt, eine Anschaffung ohne Hilfe ist nicht möglich. Sie appelliert: „Unterstützen sie uns dabei, und machen sie unseren Bewohnern diese Freude.“

Text und Fotos: Gereon Hoffmann für den Caritasverband für die Diözese Speyer

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